Kennzahlen für chemische Reaktionen
Einfache Kennzahlen
In der organischen Synthesechemie sind Ausbeute und Reinheit gängige Kennzahlen, die die Qualität der durchgeführten Stoffumwandlung charakterisieren. Dabei ist die Ausbeute A definiert als Quotient aus der tatsächlich erhaltenen Produktmenge nP in mol und der Produktmenge, die bei vollständiger Umsetzung der eingesetzten Schlüsselkomponente K gemäß der stöchiometrisch korrekten Reaktionsgleichung erhalten werden könnte. Hierbei wird von 100%-iger Reinheit ausgegangen.
Ist dabei nK die eingesetzte Stoffmenge der Schlüsselkomponente und sind aP und aK die stöchiometrischen Koeffizienten des Produkts P bzw. der Schlüsselkomponente K, so gilt für die Ausbeute
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Je nachdem, ob für nP die Rohprodukt- oder die Reinproduktmenge eingesetzt wird, spricht man von der Rohausbeute, bzw. der Endausbeute. Im allgemeinen wird die Ausbeute, wie sie hier definiert ist, als Prozentwert ausgedrückt.
Bevor der Versuch überhaupt durchgeführt wird, kann man allerdings über die stöchiometrische Gleichung schon etwas über die sogenannte Atomökonomie der Umsetzung aussagen. Sie gibt an, wie viel von den auf der linken Seite der stöchiometrischen Gleichung stehenden Atommassen im Produkt wieder auftauchen. Damit ist sie ein Maß für die Beurteilung des synthetischen Ansatzes vom ökonomischen Standpunkt aus. Eingeführt wurde das Konzept 1995 durch B. M. Trost [1].
Die Reinheit des Produkts wird über Dünnschichtchromatographie, Gaschromatographie oder HPLC bestimmt und in Prozent angegeben. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass jede analytische Methode ihre Grenzen hat. So können etwa in der Gaschromatographie nur Substanzen untersucht werden, die bei Temperaturen bis ca. 250 °C in die Gasphase übergehen können und sich nicht vorher zersetzen.
Die Stoffeffizienz eS der Umsetzung definieren wir als das Verhältnis der Masse des erhaltenen Reinprodukts mP geteilt durch die Summe der Massen aller eingesetzten Stoffe:
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wobei der Index i über alle eingesetzten Stoffe geht. Kühlmedien wie Kühlwasser oder Eis, die nicht mit der Reaktionsmischung in Kontakt kommen, werden nach unserer Konvention an dieser Stelle nicht mit einbezogen. Solche Stoffe mit einzubeziehen ist Aufgabe der weitergehenden Inputanalyse. Die Stoffeffizienz, wie sie hier definiert ist, ist in etwa gleich dem Kehrwert des E-Faktor, den R. Sheldon 1994 definiert hat [2] . Wir haben uns hier für das Effizienzmaß entschieden, da so ein höherer Wert auch tatsächlich eine Verbesserung signalisiert.
Die Energieeffizienz eE einer Umsetzung definieren wir analog als das Verhältnis Masse des erhaltenen Reinprodukts mP geteilt durch die Summe der Energieeinträge während des gesamten Versuches:
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wobei der Index k pragmatischerweise über die separat erfassbaren Energieeinträge, sprich über die eingesetzte elektrische Energie läuft. Hier wird somit auch die Energie zur Erzeugung von Eis zum Kühlen erfasst. Einige Hinweise über die Messung solcher Energiekennzahlen sind in dem Dokument Energiemessung - Energiekennzahlen zugänglich.
Atomökonomie, Stoffeffizienz und Energieeffizienz werden für die Versuche des NOP automatisch berechnet und sind unter dem Menüpunkt Bewertung-Kennzahlen bei den Versuchen zu finden (Beispiel-Link).
Environmental Assessment Tool for Organic Syntheses (EATOS)
Eine Bewertung der Stoffströme unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Umweltbelastungen, die von den verschiedenen Stoffen ausgehen, ist mit dem Environmental Assessment Tool for Organic Syntheses (EATOS, Website EATOS) [3] möglich.
Dieser Bewertungsansatz geht von Sheldons E-Faktor (siehe oben) aus, d. h. von der Gesamtmenge eingesetzter Stoffe bezogen auf das erhaltene Produkt. Für jeden der eingesetzten Stoffe wird ein Belastungsfaktor Q definiert, der je nach gewünschtem Bewertungsschwerpunkt aus MAK-Werten, Gefahrensymbolen, R-Sätzen (R- und S-Sätze), LD50-Werten und LC50-Werten, aber optional auch beispielsweise aus Kosten errechnet werden kann. Der zur Bewertung und vor allem auch zum Vergleich von verschiedenen Synthesemöglichkeiten herangezogene Environmental Index EI wird aus der Summe der mit den Q-Werten gewichteten Stoffmengen errechnet.
Das Bewertungskonzept wurde in eine Software umgesetzt, die frei erhältlich und plattformübergreifend ist. Dieses Programm berechnet als Basis für den Environmental Index auch die Atomökonomie und den E-Faktor nach Sheldon.
Eine kurze Beschreibung dieses Bewertungsansatzes sowie eine Anwendung auf den Vergleich von Versuch 4010 mit einer alternativen Methode finden Sie in dem Text "Bewertung der Umweltverträglichkeit von chemischen Reaktionen". Auch eine Bedienungs- und Benutzungsanleitung für EATOS haben wir bereitgestellt.
Literatur
[1] B. M. Trost. Atom Economy. A Challenge for Organic Synthesis. Angew. Chem. Int. Ed. Engl., 34:259 – 281, 1995.
[2] R. Sheldon. Consider the environmental quotient. Chemtech, 24(3):38 – 47, 1994.
[3] M. Eissen and J. O. Metzger. Environmental performance metrics for daily use in synthetic chemistry. Chem. Eur. J., 8(16):3580 – 3585, 2002.
update 22. August 2012